Die Bienen im Waldbadviertel trinken Maissirup, um diesen dann zu Nektar und Honig zu verarbeiten
Foto: Costa Belibasakis

Der mit den Bienen hantiert

In dieser Rubrik stellen wir Ihnen spannende Projekte aus den Veedeln vor. Diesmal sind wir in Ostheim zu Gast beim GAG-Mieter Jens Bössen, der sich als Hobby-Imker gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Mietern um die Bienen im Waldbadviertel kümmert.

Kaum hat man einen kleinen Fußweg passiert, der hinter die Häuser am Bertha-Benz-Karree führt, taucht man in kleines Naturparadies ein. Auf den Beeten blühen bunte Bauernblumen, aus der Kräuterspirale duftet es nach Thymian – und ein freundliches, emsiges Summen untermalt die Kulisse. Gleich neben dem Gartentreff und dem „Grünen Klassenzimmer“ stehen nämlich einige Bienenstöcke. Zusammen mit der GAG Immobilien AG und einigen Kooperationspartnern haben hier die Anwohner des Waldbadviertels ein ländliches Idyll mitten in der Stadt entstehen lassen. Bienen sollten dabei nicht fehlen. Patricia Hoepp vom GAG-Sozialmanagement erklärt, warum: „Mit unserem Imkerprojekt möchten wir auf das Insektensterben aufmerksam machen und zeigen, wie wichtig Bienen für uns Menschen sind.“

Ein Profi-Imker unterstützt die Anwohner

Einer der Hobby-Imker aus der Siedlung ist Jens Bössen, Ingenieur im Ruhestand. Gemeinsam mit einigen Nachbarn betreut er mehrere Bienenvölker. Unterstützt und angeleitet werden die Hobby-Imker dabei von Matthias Roth. Er ist Vorsitzender des Kölner Imkervereins von 1882, Bienen- und Honigsachverständiger.

Man sollte innere Ruhe und ein gewisses Gleichgewicht mitbringen.
Jens Bössen

Bössen und Roth eint eine stille Passion für die Arbeit mit den Bienen, bei der man kontinuierlich von ihrem steten Summen begleitet wird. „Es ist ruhig, fast meditativ“, beschreibt Roth das Imkern. Bössen sagt, mit einem leichten Schmunzeln: „Die Aufregung der Menschen überträgt sich auf die Bienen sofort. Man sollte deshalb innere Ruhe und ein gewisses Gleichgewicht mitbringen. Aber das kriegt man ja in höherem Alter.“

Als Mitwirkende für das Bienenprojekt gesucht wurden, war Jens Bössen sofort interessiert. Schon als Schüler hatte er, damals noch in der Nähe von Bremen, den geheimnisvollen Zauber des Imkerns kennengelernt. „Ich hatte Englisch-Nachhilfe bei einem alten Lehrer, einem früheren Schulleiter, der privat Imker war. Ich erinnere mich bis heute an seine sonore Stimme und besondere Ausstrahlung. Er hatte zehn oder fünfzehn Bienenstöcke, was ich sehr spannend fand“, erzählt er. In seiner Jugend, und erst recht später als Familienvater, bot sich ihm jedoch keine Gelegenheit, selbst als Imker aktiv zu werden. Umso lieber ist er nun dabei, wenn Matthias Roth jeden Mittwoch die Gruppe der Hobby-Imker um sich schart, um sie in die Geheimnisse des Imkerns einzuweihen. Ein anderer, der gerne dabei ist, wann immer er die Zeit dazu findet, ist Abdul Kibar. „Ich hatte immer Interesse am Imkern. In der Türkei macht das jeder Zweite“, erzählt er. Davon sind wir in Deutschland weit entfernt, auch wenn Imkern ein Trend ist. Anfang der 2000er Jahre gab es ungefähr 90.000 Imker bundesweit, inzwischen sind es rund 150.000, so die Statistik des Deutschen Imkerbundes.

Das Bienenjahr beginnt frühestens im Februar

Je nach Witterung, beginnen die Arbeiten der Imker Ende Februar oder Anfang März. Gemeinsam prüfen sie zum Beispiel, ob die Bienenvölker gesund sind. Ist ein Volk stark genug, dann kann man es teilen und ein zweites Volk mit einer neuen Bienenkönigin heranziehen. Wichtig ist, immer im Blick zu haben, wo sich die Königin eines Volkes aufhält, denn nur sie kann Eier legen. In der Imkersprache werden diese Eier, die sie in die Wabe legt, „Stifte“ genannt. „Das ist immer eine spannende Frage: Finden wir die Königin? Aber normalerweise finden wir sie, man bekommt einen Blick dafür“, sagt Wilhelm Schwedes, der ebenfalls der Gruppe angehört.

Jener Teil eines Bienenvolkes, der zunächst ohne Königin ist, muss eine neue Bienenkönigin hervorbringen. Mehrfach ist es den Ostheimer GAG-Imkern gelungen, ihren Bestand von ursprünglich drei Völkern zu mehren. Mitunter hatten sie jedoch auch Verluste zu verzeichnen – etwa durch massive Angriffe von Wespen und Hornissen. Derartige Rückschläge gehören als natürliches Phänomen eben leider auch zum Imkerleben, darin sind sich die Imker einig.

Während der Blütezeit schwärmen die Bienen aus und finden bei normaler Witterung ausreichend Nahrung in den Blüten ihrer Umgebung. Den Winter über werden sie mit Maissirup versorgt. Die Imker wiegen die Bienenstöcke, um einschätzen zu können, welche Menge an Sirup noch enthalten ist, und wo etwas nachgefüllt werden muss. Im Gegenzug wird der Honig entnommen, geschleudert und in Gläser abgefüllt. In den kalten Monaten ist für die Imker weniger zu tun als im Sommer, aber gebraucht werden sie auch während der Winterruhe: Im Dezember behandeln sie das Bienenvolk zum Schutz vor Varroamilben. Das sind Parasiten, denen in der Vergangenheit schon viele Bienenvölker zum Opfer gefallen sind.

Auch Sie können etwas für die Kölner Bienen tun – und zwar für unsere Wildbienen. Dafür müssen Sie noch nicht einmal zum Hobby-Imker werden. Im Unterschied zu den Honigbienen, die von Imkern versorgt werden können, gibt es in Deutschland nach Angaben der Stiftung für Mensch und Umwelt rund 550 Arten von Wildbienen. Die leben meist nicht im Volk, sondern allein und erzeugen keinen Honig, den Menschen nutzen könnten. Trotzdem sind sie wichtig, denn Wildbienen übernehmen die Bestäubung zahlreicher wild wachsender Pflanzen. So können sich Früchte entwickeln, von denen wiederum viele andere wilde Tiere leben, die ihrerseits eigene Aufgaben im Kreislauf des Lebens haben. Wildbienen leisten also einen entscheidenden Beitrag für die Artenvielfalt. Wenn Sie sich für Wildbienen einsetzen möchten, können Sie ihnen einen Unterschlupf oder Futter bieten. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserem Ratgeber „10 Tipps für einen nachhaltigen Garten oder Balkon“.

Zum Ratgeber

Echter Honig schmeckt jedes Mal anders

Für alle Arbeiten, die nicht direkt draußen an den Bienenstöcken erledigt werden, steht der Gruppe im Waldbadviertel ein Raum zur Verfügung. Der Honig, den sie hier abfüllen und etikettieren, heißt „Ostheimer Gold“.

„Jedes Mal, wenn ich einen fertigen Honig schließlich probiere, bin ich überrascht. Echter Honig schmeckt einfach immer anders“, sagt Imker Matthias Roth, der ein Vorstandsmitglied des Kölner Imkervereins 1882 e.V. ist, ein Kooperationspartner der GAG. Wenn er nicht für die GAG das Imkerprojekt im Waldbadviertel unterstützt, ist er zum Beispiel in Widdersdorf, Weidenpesch oder Lövenich unterwegs, wo er Bienenvölker hat. Früher arbeitete er im Bereich des Software-Vertriebes, die Imkerei war ein Hobby. Nun hat er sie zu seinem Beruf gemacht. „Ich wollte etwas tun, das mir mehr Freude bereitet“, erklärt er.

Alle Bienen leben für ein gemeinsames Ziel. Das zu sehen, hat für mich etwas Göttliches.
Jens Bössen

Anwohner Jens Bössen hat noch eine andere Motivation: „Die Information, dass Bienen vom Aussterben bedroht sind, bekommt man leicht. Aber ich wollte mehr über die Bienen wissen.“ Das Begleiten der Bienen geht für Jens Bössen weit über die Gewinnung von Honig hinaus. Er ist fasziniert von den vielen, präzise geordneten Abläufen und der Bereitschaft jeder einzelnen Biene, genau die ihr zukommende Aufgabe im kurzen Leben zu erfüllen. „Jede einzelne Biene ordnet sich der Königin unter. Sie erfüllen Reinigungsaufgaben, sie füttern den Nachwuchs, legen Honigvorräte an und bestäuben unsere Pflanzen. Flugbienen leben 30 bis 40 Tage lang und sterben dann, haben sich in gewisser Weise Ihrer Aufgabe hingegeben, ihr Leben erfüllt. Jede Biene dient den anderen Bienen und Larven sowie ihrer Königin im Bienenstock – alles, wie von einer höheren Institution gesteuert. Alle Bienen leben für ein gemeinsames Ziel. Das zu sehen, hat für mich etwas Göttliches.“

Text: Johanna Tüntsch